04.06.2008

Neue Mechanismen der Stammzellregulation

Wissenschaftler am Wiener Institut für Molekulare Biotechnologie der Öster- reichischen Akademie der Wissenschaften (IMBA) fanden bei Fliegen Gene, deren Fehlen normale Stammzellen zu Tumorstammzellen macht. Ähnliche Gene existieren auch beim Menschen. Im Wissenschaftsmagazin Nature berichten die Forscher über ihre Entdeckung.

Stammzellen sind das Reservoir, aus dem der Organismus kontinuierlich Nachschub an spezialisierten Zellen für die unterschiedlichsten Gewebe bezieht. Seit einigen Jahren ist bekannt, dass Stammzellen nicht nur eine wichtige Rolle bei der Erneuerung und Erhaltung von Geweben spielen, sondern auch einen tödlichen Beitrag zur Krebsentstehung leisten können. Verlieren sie nämlich die Kontrolle über ihre fein regulierte Teilungstätigkeit, können sie zu Tumorstammzellen werden und als solche einen Tumor nicht nur erzeugen, sondern später auch am Leben erhalten. Wie eine normale Stammzelle zur bösartigen Tumorstammzelle wird und wie die Zellteilung in Stammzellen überhaupt reguliert wird, ist noch weitgehend unerforscht.

Stammzellmodell Fliege
Eine Arbeitsgruppe um Jürgen Knoblich und seinen Doktoranden Ralph Neumüller am IMBA hat nun einen wichtigen Beitrag zu diesem komplexen Forschungsgebiet geliefert. Das Team konnte klären, wie Stammzellen bei der Teilung für ungleiche Nachkommen sorgen. Nur eine der beiden Tochterzellen darf nämlich ihren Stamm- zellcharakter behalten. Die andere stellt ihre Teilungsaktivität ein und spezialisiert sich, um gewebetypische Aufgaben zu übernehmen. Als Modellorganismus diente den Forschern die Taufliege Drosophila, denn, so Knoblich, „bei keinem anderen Organismus verstehen wir Stammzellen so gut wie bei Drosophila.“

Mikro-RNAs kontrollieren Genregulation
Im Zentrum des neu entdeckten Mechanismus stehen sogenannte mikro-RNAs - kleine RNA Moleküle, die wichtige Kontrollfunktionen bei der Genregulation über- nehmen. Diese mikro-RNAs wurden erst vor einigen Jahren entdeckt, ihre Ent- deckung wurde 2006 mit dem Nobelpreis belohnt. Durch Untersuchungen des Eier- stockgewebes von Fliegen konnten die IMBA-Forscher aufklären, wie Stammzellen diese mikro-RNAs in einer ihrer Tochterzellen inaktivieren, die Teilungsrate der Zelle damit bremsen und ihren Stammzellcharakter beseitigen. Ein Protein mit der Bezeichnung Mei-P26 wird spezifisch in den spezialisierten Tochterzellen einge- schaltet und bindet an die Maschinerie, die mikro-RNAs brauchen, um andere Gene zu regulieren. Diese Verbindung blockiert die mikro-RNAs und die Zelle verliert ihren Stammzellcharakter. Besonders aufschlussreich wird es, wenn Mei-P26 fehlt. In diesem Fall behalten beide Tochterzellen nach der Teilung ihren Stammzell- charakter. Es kommt zu unkontrollierten Zellteilungen, schließlich entsteht ein Tumor.

 

Homologe Gene beim Mensc

************************** 

Die Arbeit „Mei-P26 regulates microRNAs and cell growth in the Drosophila ovarian stem cell lineage“ (Neumüller et al.) wird am 4. Juni um 19 Uhr online in Nature publiziert (DOI:10.1038/ nature07014). 

Kontakt

Sylvia Weinzettl

Senior Relationship Manager

Daniel Azar

Communications Officer